Einfuhr von LEDs aus China

Am 16.11.2015 habe ich eine Tüte bedrahtete blaue Leuchtdioden (kurz LEDs) mit einem Durchmesser von 10 Millimetern bestellt, um mir am Ende daraus ein monochromes Display — einen Borg16 — zusammenzulöten. Da ich vorher ausgiebig die Preise verglichen habe, fand ich auf AliExpress ein Angebot, welches mit 500 LEDs für gerade einmal 25,40 Euro (inklusive Versand) geworben hat. Ich überlegte nicht lange und griff also zu. Nach einigen Tagen, am 25.11. (was durchaus akzeptabel bei diesem Preis ist) bekam ich eine Rückmeldung, dass meine LEDs an den Versanddienstleister „China Post Airmail“ übergeben wurden. Nach dem 26.11., an dem sich der Trackingstatus zu „Departure from outward office of exchange“ änderte, erhielt ich vorerst keine weitere Information mehr über mein Päckchen.

Borg16

Mitte Dezember dann kam ein Brief vom Zoll, in welchem ich zunächst nur aufgefordert wurde, wegen meiner Sendung beim Zoll vorstellig zu werden. Der Zoll wurde rückblickend wohl auf diese Sendung aufmerksam, da als Inhaltsdeklaration „LED“ angegeben war.

Am folgenden Montag, dem 21.12. ging ich sodann auch früh zum Zollamt um voller Erwartung meine Sendung in Empfang nehmen zu können. Für diesen Termin druckte ich sicherheitshalber alle Informationen, die ich hatte (unter anderem Rechnung und Bankauszug) aus. Beim Zollamt angekommen wurde mir die Sendung jedoch nicht direkt ausgehändigt, denn zunächst sollte ich das Paket vor Ort öffnen und den Inhalt vom Zoll begutachten lassen. Außerdem waren die Beamten dankbar über die Ausdrucke, die ich mitgebracht hatte und erzeugten wiederum Kopien davon für ihre Akte.

Jedenfalls enthielt das Päckchen LEDs, was den Beamten nicht besonders gefiel, da wohl weder ein CE-Zeichen erkennbar war, noch eine Bedienungsanleitung in deutscher Sprache beilag — ob beides bei LEDs sinnvoll ist, fragte ich zwar sofort, da es sich ja nur um ganz normale elektrische Bauteile handelte, bekam aber nur die Antwort, dass dies wohl die Richtlinie sei. Daher bot man mir zwei Optionen an. Entweder das Paket würde zurückgeschickt werden, oder es müsste zunächst durch eine für mich kostenfreie Kontrolle zur Bundesnetzagentur, welche für die Überprüfung der elektromagnetischen Verträglichkeit von jeglichen elektronischen Geräten und Bauteilen beim Zoll zuständig ist. Diese Überprüfung würde nach Aussage des Zollbeamten circa 14 Tage dauern. Da war ich als erstes sprachlos, da die doch relativ freundlichen Beamten nicht weiter mit sich reden ließen, obwohl eindeutig war, dass es sich um ganz normale Leuchtdioden ohne weitere Komponenten und auch ohne Schaltnetzteil handelte. Ich sah zunächst nicht ein, dass diese Sendung erst die wohl eher langwierige Prozedur durchlaufen sollte, da es schließlich nur ganz normale bedrahtete LEDs waren, von denen ohne weiteres überhaupt keine Gefahr ausgehen könnte. Dann entschloss ich mich aber doch recht schnell zu der Möglichkeit, dass die Bundesnetzagentur mal darüber sehen sollte. Immerhin kostete mich dies keinen Cent — höchstens Steuergelder — aber wenn der Zoll dies so will, kann ich da ja auch nichts für. Die Zollbeamten im Zollamt machen schließlich auch nur ihren Job und können nichts dafür, wenn die Bestimmungen eben so sind, dass alles, was LEDs beinhaltet erst mal nicht durchgelassen werden darf.

Am 09.01.2016 bekam ich dann die erfreuliche Nachricht vom Zoll, dass meine Sendung erfolgreich bei der Bundesnetzagentur geprüft wurde, und es sich tatsächlich um erlaubte Güter handelt, sodass ich mein Päckchen zu den üblichen Öffnungszeiten des Zollamtes innerhalb der nächsten 10 Tage abholen kann. Als Begründung dafür wurde nur mitgeteilt, dass es sich bei meiner Sendung nicht um ein nicht konformes Erzeugnis gemäß Anhang II der Richtlinie 2009/48/EG handelt. Nach kurzer Recherche fiel jedoch auf, dass diese Richtlinie nicht zur Regulierung der Einfuhr von elektronischen Komponenten, sondern zur Einfuhr von Spielzeug Anwendung findet. Da mir dies also nicht als Begründung ausreichte, fragte ich später noch nach, ob dies tatsächlich die entsprechende Richtlinie sei.

Vorerst holte ich jedoch nun am 11.01.2016 endlich die ersehnte Sendung vom Zoll ab. Bei dem zweiten Besuch beim Zollamt musste ich nur durch eine Unterschrift bestätigen, dass ich mehr als 21 Euro für die Ware bezahlt hatte, die dabei fällige Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) jedoch 5 Euro nicht übersteigt. Danach konnte ich problemlos und ohne irgendwelche Zusatzkosten meine LEDs in Empfang nehmen.

Päckchen

Auf meine Frage, nach welcher Bestimmung das denn geregelt sei, antwortete der Zollbeamte mit leicht ironischen Unterton: „Wir sind nur die doofen, die das ausbaden müssen.“ Ich habe erneut versucht, es den Zollbeamten zu erklären, worin denn der Unterschied sei zwischen fertigen Geräten bzw. Leuchtmitteln die Anschlussfertig sind und elektronischen Bauteilen oder Komponenten, die erst zusammengesetzt werden müssten und nicht direkt mit Netzspannung betrieben werden können. Allerdings verblieben wir wohl damit, dass sich die Zollbeamten in der Poststelle des Zolls schließlich auch an ihre Regeln halten müssen. Und wenn ihnen eben aufgetragen wird, nichts durchgehen zu lassen, wo „LED“ draufsteht (und auch irgendwas mit LEDs drin ist), dann ist das halt so. Einzelne LEDs Also schrieb ich daraufhin einen netten Brief an den Zoll, in dem ich nochmals nachfragte, ob ich nicht erfahren könnte, nach welcher Bestimmung die Einfuhr von LEDs beschränkt sei und weshalb dies auch auf solche LEDs zutreffen würde, die weder direkt mit Netzspannung betrieben können, noch in einem fertigen Endprodukt verbaut seien.

Außerdem frage ich mich, warum ich sogar verunsichert wurde, dass differenziert werden könnte zwischen SMD-LEDs und bedrahteten, oder ob auch zwischen „intelligenten“ LEDs mit eingebautem Chip und ohne einen solchen unterschieden wird. All dies würde prinzipiell ja keinen Unterschied über die Produktsicherheit an sich machen, denn auch andere Halbleiterchips können sicherlich eine mitunter gefährliche Hitzeentwicklung haben, aber seien anders als LEDs nicht beschränkt. Ein Auszug aus meinem Brief folgt hier:

Allerdings bleibt eine Frage offen: Durch welche Richtlinie ist es grundsätzlich geregelt, welche Sendungen, die Leuchtdioden (LEDs) enthalten, eingeführt werden dürfen und welche nicht? Sie schrieben in Ihrer Mitteilung, dass bei meiner Sendung Anhang II der Richtlinie 2009/48/EG zutreffend wäre, was jedoch der Verweis auf eine Richtlinie ist, mit welcher die Einfuhr von Spielzeug reguliert wird. Diese Richtlinie trifft nicht auf LEDs bzw. einzelne elektronische Bauteile (in diesem Falle genauer: optoelektronische Halbleiter) zu.

Da es möglich ist, dass die Bundesnetzagentur Ihnen genannte Richtlinie als Grundlage mitgeteilt hat, würde ich es in diesem Falle sehr begrüßen, wenn Sie mit der Bundesnetz­agentur Rücksprache halten könnten indem Sie diese Frage weiterleiten, damit für künftige Sendungen klar definiert ist, welche Sendungen (nicht) einfuhrfähig sind.

Gerade im Internet gibt es eine rege Diskussion zu diesem Thema. Auch deswegen würde es mich persönlich interessieren, anhand welcher Kriterien die Auswahl geschieht, welche Sendungen erst geprüft werden müssten. Wäre beispielsweise eine qualifizierte Fachkun­digkeit (abgeschlossene Ausbildung zum Elektroniker, abgeschlossenes Studium der Elektrotechnik/Informationstechnik oder Amateurfunkzeugnis) bzw. ein entsprechender Beruf ein Grund, nach dem beschränkt einfuhrfähige elektrische Komponenten (wie LEDs) auch ohne eine Prüfung durch die Bundesnetzagentur herausgegeben werden könnten? Wird differenziert zwischen Privatpersonen und Unternehmen, und falls ja, wie?

Tatsächlich wurden meine zahlreichen Fragen — wenn auch teils knapp — durch den Zoll beantwortet. Ein Teil der Antwort folgt hier:

Bei der Angabe der Richtlinie 2009/48/EG handelt es sich um einen Schreibfehler. Richtig ist -Richtlinie 2004/108/EG: Elektromagnetische Verträglichkeit von Elektro- und Elektronikprodukten — EMV -. Nach Art. 27 der VO (EG/765/2008) setzt die Zollbehörde die Überlassung einer Ware zum zollrechtlich freien Verkehr aus, wenn die Vermutung besteht, dass der Einfuhr Verbote und Beschränkungen entgegenstehen könnten. Zuständig für die Entscheidung, ob die Zollbehörde die Ware zum zollrechtlich freien Verkehr überlassen kann, ist im vorliegenden Fall die Bundesnetzagentur.

Die Mitteilung endete damit, dass ich mich bei weiteren Fragen einfach direkt an die Bundesnetzagentur wenden sollte und bekam noch E-Mail- sowie postalische Adresse genannt. Ich zögerte nicht lange und stellte meine verbliebenen noch offenen Fragen direkt an die Bundesnetzagentur, indem ich am 30.01.2016 eine ziemlich lange E-Mail verfasste, in der ich unter anderem folgende Punkte nochmals aufgriff:

  • Warum werden jegliche Sendungen, welche Leuchtdioden enthalten, durch den Zoll abgefangen?
  • Andere elektronische Halbleiter müssen doch auch nicht geprüft werden.
  • Ist es für den Zoll nicht einfacher zu beurteilen, ob der Sendung ein möglicherweise gefährlicheres Netzteil beiliegt, oder es sich nur um ungefährliche LED-Produkte ohne Stecker oder Lampensockel handelt?
  • Könnte eine Fachkundigkeit (z. B. abgeschlossenes Studium oder Lehre in dem Bereich) nicht zur sofortigen Herausgabe der Waren beim Zoll führen?
  • Wird differenziert zwischen Privatpersonen und Unternehmen, wenn Ware beim Zoll landet?
  • Ist ein CE-Zeichen für einzelne Bauteile überhaupt zulässig und wenn ja, muss dann jedes einzelne Bauteil mit einem CE-Siegel abgestempelt sein, oder reicht es aus, wenn auf der Umverpackung ein entsprechendes Zeichen zu finden ist?

Letzteren Punkt habe ich mir aus dem rein theoretischen Grund überlegt, dass es in meinem Fall problemlos möglich gewesen wäre, zu einem gewissen Moment, als ich mit der nicht abgefertigten und geöffneten Sendung kurz alleine gelassen wurde, einen CE-Aufkleber auf der Sendung aufzubringen und damit die Einfuhrfähigkeit illegalerweise nachweisen zu können. Dies soll jetzt nicht als Aufforderung zu einer Straftat verstanden werden, aber in meinem Gedankenspiel hätte diese kreative „Fälschung“ — in Verbindung damit, eine Pseudo- Betriebsanleitung in deutscher Sprache beizulegen — den Ablauf eventuell um einiges verkürzen und Kosten für den Staat sparen können.

Ich bekam jedenfalls nach zwei Tagen vergleichsweise schnell eine Antwort vom Ansprechpartner der Bundesnetzagentur für den Zoll per E-Mail. Darin heißt es:

Die Zollbehörden prüfen im Abfertigungsverfahren u.a. auch ob Hinweise auf eine eventuelle Nichtkonformität vorliegen.

Dass es in Ihrem Fall zu einer Weiterleitung an uns gekommen ist, begründet sich wahrscheinlich auf eine gewisse Unsicherheit bezüglich der Einfuhrfähigkeit. In diesen Fällen sehen die Arbeitsweisen beim Zoll vor, dass die zuständige Marktüberwachungsbehörde eingebunden werden soll. Die bearbeitende Kollegin in unserem Hause dann aber ja auch in Ihrem Sinne entschieden.

Grundsätzlich wird im ersten Schritt nicht geprüft/berücksichtigt, ob u.U. eine gewisse Fachkundigkeit vorliegen könnte. Durch die europäische Kommission wurde klargestellt, dass mit der Freigabe zum freien Warenverkehr beim Zoll ein Produkt als in Verkehr gebracht gilt. Damit werden auch bei den von Ihnen gebrachten Fallkonstellationen diese Prüfungen u.U. durchgeführt.

Für das Beispiel eines Unternehmens, dass aus dem beim Zoll angemeldeten Produkt ein neues Produkt erstellt ("fertiges Endprodukt"), gibt es spezielle Zollverfahren.

Bei den von Ihnen eingeführten LEDs handelt es sich aus unserer Sicht nicht um Betriebsmittel im Sinne der EMV-Richtlinie, somit ist für diese Produkte auch keine CE-Kennzeichnung vorgesehen.

Gerade der letzte Punkt gibt daher Erleichterung. Ist eine einfuhrfähige Ware nicht Betriebsmittel im Sinne der EMV-Richtlinie (also handelt es sich nur um aktive oder passive sowie mechanische elektronische Bauteile und ggfs. auch Schaltungen, die im Niederspannungsbereich arbeiten — näheres kann der oben genannten EMV-Richtlinie entnommen werden), ist keine CE-Kennzeichnung vorgesehen, und damit grundsätzlich auch keine Einfuhrbeschränkung (außer in speziellen Fällen, hier beispielsweise bei ganz bestimmten LED-Leuchtmitteln) vorhanden. Im Zweifelsfall kann es sich daher lohnen, Ware, die der Zoll nicht durchlassen will, zunächst freiwillig und unverbindlich der zur Prüfung dieser Art zuständigen Prüfstelle zu senden, bevor eine Rücksendung mit etwaigen Mehrkosten veranlasst wird. Bei Elektronik aus China sollte in dem Fall allerdings beachtet werden, dass Produkte, welche an Netzspannung betrieben werden können (wie Netzteile oder Leuchtmittel für Lampen) oder Funkstrahlung abstrahlen, nicht unbedingt direkt importiert werden sollten, da diese oft nicht den hiesigen Qualitätsstandards entsprechen, auch wenn sie eine Pseudo-CE- oder VDE-Kennzeichnung haben. Bei den meisten Bauteilen oder Schaltungen die nur an Kleinspannung betrieben werden, kann man jedoch davon ausgehen, dass in den allermeisten Fällen die Bundesnetzagentur nichts dagegen haben wird, wenn diese in der EU in Verkehr gebracht werden.